Neue Spielformen im Kinderfußball

 Nach einer zweijährigen Pilotphase erfolgt die bundesweite Umsetzung der neuen Spielformen im Kinderfußball. Die Regelungen greifen im Kreis Darmstadt verbindlich mit Beginn der Saison 2022/2023 für die G- und F-Jugend.

 

Was hat es mit den neuen Spielformen auf sich?

Das Spielen mit dem Ball am Fuß und das Erzielen von Toren sind die zentralen Gründe, warum so viele Kinder und Jugendliche Freude am Fußball haben. Die neuen Spielformen sollen allen Kindern auf dem Platz so häufig wie möglich die Chance geben, den Ball selbst am Fuß zu haben, eigene Aktionen zu haben, Tore zu erzielen und damit persönliche Erfolgserlebnisse zu haben. Deshalb soll auf kleinere Teams, viel Abwechslung und mehrere Tore gesetzt werden. Dies soll die individuelle sportliche Entwicklung der Kinder fördern.

 

Was besagen die neuen Spielformen genau?

G-Jugend (Bambini U6/U7): Es wird im Drei-gegen-Drei gespielt (Spielfeldgröße: 16 x 20 m bis 28 x 22 m). Jedes Team hat maximal drei Einwechselspieler*innen. Gespielt wird auf vier Mini-Tore, jede Mannschaft verteidigt also zwei Tore. Tore dürfen erst in einer Sechs-Meter-Schusszone erzielt werden, einen Torwart gibt es nicht. Nach jedem Tor wechseln beide Mannschaften automatisch jeweils eine*n Spieler*in. Gespielt wird an den Spielfesten in Turnierform, empfohlen sind bis zu sieben Durchgänge à sieben Minuten. Nach jedem Durchgang gehen die Gewinnerteams jeweils ein Spielfeld weiter, die Verliererteams jeweils um ein Spielfeld zurück. Dadurch werden weitgehend ausgeglichene Spiele mit wenigen extremen Ergebnissen erreicht, es ergibt sich ein ausgewogeneres Leistungsniveau und daraus resultierend weniger Frust für die Kinder. Auf der anderen Seite bietet der Modus einen zusätzlichen Anreiz, immer wieder "aufsteigen" zu können.

 

F-Jugend (U 8/U 9): Es wird im Fünf-gegen-Fünf gespielt (Spielfeldgröße: 40 x 22-25 m). Beim Fünf-gegen-Fünf wird entweder auf vier Mini-Tore (ohne Torwart, fünf Feldspieler*innen) gespielt oder auf zwei Kleinfeldtore (vier Feldspieler*innen plus Torwart). Vorgeschlagene Spielzeit pro Durchgang sind hier zwölf Minuten. Beim Fünf-gegen-Fünf gehen nach jedem Durchgang die Gewinnerteams jeweils ein Spielfeld weiter und die Verliererteams um ein Spielfeld zurück. Alternativ wird im Turniermodus "jeder gegen jeden" gespielt.

 

Was sind die Gründe für die neuen Ansätze?

Durch die neue Ausgestaltung wird der Fußball kindgerechter. Denn: Je größer die Gruppen, desto weniger Ballkontakte haben die einzelnen Spieler und Spielerinnen. Gerade leistungsschwächere oder auch körperlich unterlegene Kinder gehen zum Teil unter und verlieren dadurch den Spaß am Spiel und die Chance auf Weiterentwicklung. Die neuen Spielformen sollen den Kindern bessere Möglichkeiten bieten, Fußball so zu spielen, dass sie häufig am Ball sind und dabei Spaß haben. Aktuell wird im Kinderfußball häufig zu früh Wert auf Taktik gelegt, worunter die Ausbildung der fußballerischen Grundlagen leidet. Dies haben viele Untersuchungen gezeigt. Die veränderten Spielformen sollen diesem Problem entgegenwirken.

 

Die neuen Spielformen verringern den Einfluss der Trainer*innen und Eltern auf das Wettkampfgeschehen und fördern damit die Selbstständigkeit der Spieler*innen. Die Kinder lernen, verstärkt eigene Lösungen zu finden. Der neue Modus bringt mit sich, dass mehr Spiele verloren und gewonnen werden, sodass Kinder auch den Umgang damit noch besser erlernen.

 

Was sind die größten Vorteile?

Jedes Kind spielt mit und hat Aktionen am Ball. Die Kinder spielen ein Spiel, dass ihren Fähigkeiten und Interessen gerecht wird. Und: Die Kinder erlernen noch besser grundsätzliche Werte des Fußballs – nämlich: Fair Play, Freude am Spiel sowie Umgang mit Siegen und Niederlagen.

 

Was soll der Modus bewirken, nach dem Gewinnerteams um ein Spielfeld aufsteigen und Verlierer ein Feld absteigen?

Es werden ausgeglichenere Spiele mit wenigen extremen Ergebnissen ermöglicht, es ergibt sich ein ausgewogeneres Leistungsniveau und daraus resultierend weniger Frust für die Kinder. Gleichzeitig bietet der Modus einen zusätzlichen Anreiz, immer wieder "aufsteigen" zu können.

 

Ist das noch "echter Fußball"?

Natürlich. Fußball heißt: zwei Mannschaften, Tore und ein Ball. In diesem Fall sind es sogar vier Tore. Was macht den Fußball aus? Spiel, Spaß, Tore - genau das wird mit dem neuen System gefördert. Kinder können auf vielfache Art und Weise, Tore erzielen - vor allem auch die Kinder, die (noch) nicht zu den leistungsstärksten gehören. Zudem dribbeln die Kinder häufiger und haben mehr Ballaktionen, was die Technik fördert und jedes einzelne Kind sportlich verbessert. Auch das Verteidigen wird dadurch intensiver und individueller geschult.

 

Was ist mit Ergebnissen und Tabellen, was ist mit Schiedsrichter*innen?

Ergebnisse werden nicht festgehalten, aber jedes einzelne Spiel wird gewertet und Mannschaften steigen während des Turniers in das nächste Feld auf oder ab. Insofern gibt es durchaus Sieger*innen und Verlierer*innen – eine Erfahrung, die auch für Kinder nicht unwichtig ist. Aufgrund der Vielzahl an Spielen sind die einzelnen Ergebnisse in den neuen Spielformen allerdings auch schneller wieder vergessen. Tabellen und Schiedsrichter*innen gibt es nicht. 

 

Die Trainer*innen und Betreuer*innen fungieren als gemeinsame Spielleiter*innen und greifen nur bei Bedarf ins Geschehen ein. Die Entscheidungen während der Spiele sollen von den Kindern weitestgehend selbst getroffen werden - so, wie es seit einigen Jahren ohnehin schon in der G- und F-Jugend praktiziert wird (Fair Play-Liga) und wie es jahrzehntelang auf den Bolzplätzen gängig war.

 

Werden schwächere Spieler*innen nicht demotiviert, weil Leistungsunterschiede noch deutlicher zutage treten?

Im Gegenteil: Bei den bisherigen Spielformen in den unteren Altersklassen (Sieben-gegen-Sieben) ist es viel eher der Fall, dass die langsameren und weniger talentierten Spieler*innen kaum an den Ball kommen und häufig auf Positionen spielen, die sie vom eigentlichen Spielgeschehen fernhalten. Mit dem neuen Modus werden alle Kinder eng einbezogen und erhalten in ihrem Team Ballaktionen und -kontakte. Durch das Auf- und Absteigen in den Spielfeldern anhand der Spielergebnisse während der Turniere ist außerdem gewährleistet, dass verstärkt Teams aufeinandertreffen, die ein ähnliches Leistungsniveau haben.

 

Wie problematisch ist es für die Torhüter*innen-Ausbildung, wenn in den ersten Jahren ohne Torwart gespielt wird? Wann muss Torhüter*innen-Ausbildung zielgerichtet beginnen?
Im Kindesalter stehen vielfältige Bewegungserfahrungen sowie Spaß und Freude am Fußball im Mittelpunkt. Positionsspezifische Aspekte, auch im Torwartspiel, spielen für den Ausbildungsgedanken noch keine Rolle. Natürlich sollen auch Torschussspiele im Training stattfinden, in denen sich jeder im Tor ausprobieren kann. Eine vielfältige, ganzheitliche sportliche Schulung ist für spätere Torhüter*innen sehr wichtig, nicht zuletzt der Umgang mit dem Ball am Fuß. Ab der E-Jugend kommen Torhüter*innen dann regelmäßig im Spiel zum Einsatz. Ab diesem Zeitpunkt macht es auch erst Sinn, allmählich spezifischer zu trainieren.

Was bedeuten die neuen Spielformen für das Kopfballspiel und den Umgang damit?
Die neuen Wettbewerbsformen sorgen dafür, dass Kopfbälle nahezu ausgeschlossen werden. Denn: Die Spielfeldgröße ist deutlich kleiner, Einwurf und Abstoß werden durch das Eindribbeln ersetzt, ein Abschlag durch den Torwart findet kaum statt. Somit gehen der DFB und seine Landesverbände altersgerecht mit dem Kopfballspiel im jungen Alter um, ohne Verbote oder Reglementierungen vorgeben zu müssen, wie es zum Teil andere Nationalverbände praktizieren.

Wichtig ist aus Sicht der Expert*innen aus Sport und Medizin ein dem Alter angemessenes Training des Kopfballspiels. Das Erlernen einer gezielten Kopfballtechnik hilft, Problemen vorzubeugen. Das Kopfballtraining im jungen Alter sollte dabei unter anderem geringe Übungsumfänge, die Verwendung von leichteren Bällen, ausreichende Regenerationszeiten für den Kopf und das anfängliche Anwerfen mit der Hand zum Köpfen des Balles beinhalten.

 

Quelle: DFB - Neue Spielformen im Kinderfussball

(Auszug)